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600+ Muskeln: Deine wichtigste Lebensversicherung?

    Mann öffnet Gurkenglas mit zu schwachen Muskeln

    Über 600 Muskeln hast Du in Deinem Körper. Sie sorgen sich um Dich: sie sorgen dafür, dass Du Dich bewegen kannst und halten Dich aufrecht. Aber sorgst Du Dich auch um Deine Muskeln? Sie brauchen eine gewisse  Aufmerksamkeit um so zu funktionieren, wie sie funktionieren. Haben sie diese, können sie wachsen. Haben Sie diese nicht, verkümmern sie.

    Dein Bewegungsapparat ist ein Meisterwerk. Dein Nervensystem lässt dieses Orchester an verschiedensten Muskeln optimal zusammenspielen. Reichen kleine Muskelanstrengungen nicht mehr aus, nutzt es weitere Muskeln um die geplante Bewegung zu ermöglichen. Ist eine Körperregion auf Grund einer Verletzung oder Schmerzen nicht optimal leistungsfähig, passt das Nervensystem dies an und findet andere Lösungen (Ausweichbewegungen wie zum Beispiel das Hinken beim Laufen).

    Warum ist Muskulatur so wichtig?

    Als Physiotherapeut geht es mir in der Praxis und auch in diesem Artikel nicht um Ästhetik. Mir geht es hauptsächlich um die Funktion, die Deine Muskulatur für Dich erfüllt.

    Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: gut trainierte Muskulatur ist leistungsfähiger. Sie kann leichter Haltearbeiten vollbringen (dazu zähle ich auch das lange Sitzen im Büro), sie kann Dich effektiver oder schneller von A nach B bringen oder gegen die Schwerkraft bewegen.

    Macht alles Sinn. Hast Du bestimmt auch schon gehört oder gelesen.

    Aber auch im weiteren Verlauf des Lebens ist gut ausgeprägte Muskulatur sehr wichtig! Im Alter verliert Dein Körper durch die sogenannte Sarkopenie Muskelmasse. Diesen Prozess zu verlangsamen oder aufzuhalten ermöglicht es Dir Dich effektiv mit der Schwerkraft auseinander zu setzen (mit Enkeln spielen, diese hochheben; Einkäufe transportieren; aktiv am Leben teilnehmen).

    Und zu guter Letzt schützt Dich gut trainierte Muskulatur auch effektiv. So kannst Du mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit nach Unfällen, einem geringeren Risiko von Komplikationen nach Operationen und besseren Chancen bei Krebs-Behandlungen rechnen. Ebenso wie einem geringeren Alzheimer Schweregrad, stabilere Knochen und bessere Lungenfunktion. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30169116/

    Du siehst also: ein solides Muskelkonstrukt ist enorm wichtig. Aber wie erreicht man dieses?  

    Was lässt Muskeln wachsen?

    Eigentlich ist diese Frage relativ simpel zu beantworten:

    1. ausreichender Trainingsreiz,
    2. ausreichende Ernährung und
    3. ausreichende Erholung.

    Gut, ich muss zugeben, etwas komplexer ist es schon – aber für das einfache Verständnis soll uns das erstmal reichen. Zumal wie gesagt in diesem Beitrag ein gesundes und nachhaltiges Muskelwachstum im Vordergrund steht. Also eher Themen wie gesundes Altern im Zuge der Langlebigkeit, Wiederaufbau nach Verletzung und generell ein gesünderes Leben. Und weniger das Bodybuilding und der Hochleistungssport.   

    Ausreichender Trainingsreiz

    Für den ausreichenden Trainingsreiz ist es wichtig im Training an Deine Belastungsgrenze zu kommen, sprich den Muskel fast bis zum sogenannten muskulären Versagen zu belasten. Was zunächst dramatisch klingt ist allerdings nicht nur durch hohes Gewicht erreichbar sondern auch durch viele Wiederholungen oder ein deutlich langsames Bewegungstempo (gerade bei der nachgebenden, der sogenannten exzentrischen Muskelarbeit). Und das muskuläre Versagen bezeichnet dann den Moment, in dem die Wiederholung nicht mehr sauber ausgeführt werden kann.

    Dann wäre da die Frage wie viele Sätze? Und wie viele Trainingstage?

    Leider gibt es aktuell sehr widersprüchliche Aussagen in der Literatur. Während „10+ Sätze pro Woche“ durchaus seine Berechtigung haben dürfte, gibt es auch Ansätze mit deutlich weniger Trainingstagen oder auch Sätzen.

    Also hier nochmal eine einfache Zusammenfassung:

    • Krafttraining 1-2x pro Woche
    • bis nahe zum momentanen Muskelversagen

    Ausreichende Ernährung

    Gerade in diesem Bereich hat sich in den letzten Jahren einiges getan – zum Einen sind in der Forschung einige Paradigmenwechsel erfolgt. Zum Anderen hat sich das Thema Ernährung auch ethisch einem deutlichen Wandel vollzogen und damit einhergehend sind auch neue Herausforderungen entstandenen.

    Eine erste größere Änderung ist wohl die empfohlene Proteinmenge. Hieß es noch bis vor kurzem 0,8-1,2g Eiweiß pro kg Körpergewicht sind ausreichend wird für einen Muskelaufbau eher von 1,6g/kg Körpermasse ausgegangen (1,62g, wenn ich ganz genau sein will LINK). Das heißt für einen 80kg Normalo wären das immerhin fast 130g Protein. Das wären beispielsweise BEISPIEL.

    Bei stärkerem Übergewicht gilt übrigens eine andere Formel: hier greift die Körpergröße in cm x 0,75. Also beispielsweise bei 180cm wären dies 135g.

    In den nächsten Zeilen kommt ein heikles Thema und es geht mir primär darum, was die Wissenschaft aktuell zum Thema Proteinquelle sagt. Der wahrscheinlich wichtigste Baustein für den Muskelaufbau ist die Aminosäure Leucin. Dicht gefolgt von Lysin und Methionin. Die effektivste Eiweiß-Quelle für Leucin ist tierisches Protein. Vegetarier können noch auf Eier oder Milchprodukte zugreifen. Vegan wird es schon etwas schwieriger, aber mit Erbsen, Soja oder Pinienkernen gibt es auch hier durchaus Möglichkeiten. Grundsätzlich dürfte aber der Bedarf an pflanzlichem Eiweiß nochmal etwas höher sein als bei tierischen Produkten.

    Bin ich um das heikle Thema Ernährungsformen herumgekommen? Ich hoffe schon…

    Wobei noch nicht ganz.

    Die Gesamtmenge am Tag hätten wir geklärt und auch die Quellen. Aber interessant ist auch die Menge in einer Malzeit. Diese sollte nicht zu gering ausfallen um mTor anzukurbeln. mTor ist nämlich für den eigentlichen Muskelaufbau zuständig. Allerdings sollte Zellwachstum aus anderen gesundheitlichen Gründen auch nicht immer aktiv sein, deswegen macht es durchaus Sinn zwischen proteinreichen und proteinarmen Mahlzeiten zu wechseln. Proteinreich heißt z.B. 30-50g pro Mahlzeit.

    Hier Deine einfache Zusammenfassung:

    • Proteinbedarf bei ca. 1,6g/kg Körpergewicht (oder bei Übergewicht 0,75 x Körpergröße in cm)
    • möglichst auch tierische Proteinquellen (Leucin(!); wenn veggie, dann gerne Erbse, Linse und Soja)
    • Wechsel zwischen proteinreichen und proteinarmen Mahlzeiten

    Ausreichend Erholung

    Ausreichende  Erholung ist nicht selten der unterschätzteste Baustein für Dein  Muskelwachstum. Einerseits sollte Deinem Körper genügend Zeit zwischen  den Trainingseinheiten gegönnt werden. So kann dieser auf den  Trainingsreiz mit Hypertrophie und der Superkompensation (also der besseren Ausgangslage bei der nächsten Trainingseinheit) reagieren. Ebenfalls wichtig ist aber auch ausreichender Schlaf.  Denn im Schlaf laufen die meisten Reparaturprozesse unseres Körpers ab.  Ist Dein Schlaf nicht optimal, verlängern sich diese Prozesse oder  bleiben im schlimmsten Fall aus. Das solltest Du dann wiederum auch in  Deinem Trainingsplan berücksichtigen.

    Ebenfalls nochmal kompakt zusammengefasst:

    • genügend Abstand zwischen den Trainingseinheiten zur Regeneration
    • guter Schlaf ist wichtig

    Fazit

    Wie Du siehst braucht es nur ein paar Dinge um den Körper zum Muskelwachstum zu bewegen. Etwas Training, etwas mehr Protein in der Nahrung und schon funktioniert es. Und wie wichtig das Ganze ist, wird mehr und mehr in Studien belegt.